31 Juli 2006

Ein spiritueller Freund

Der strenge Druck des spirituellen Freundes ist gleichermaßen hoch zu schätzen und äußerst lästig. Sein Stil ist außerordentlich kraftvoll, aber so gesammelt, so angewbracht, dass wir nichts gegen ihn einwenden können. Das ist Hingabe. Wir bewundern seinen Stil sehr, habenjedoch Angst davor. Er ist herrlich, wird uns aber zermalmen, in Stücke teilen. Hingabe schließt in diesem Fall so viel Schärfe mit ein, dass wir nicht einmal um Gnade bitten können, indem wir für uns beanspruchen, ein armseliges, nettes kleines Würstchen zu sein, das voller Ergebenheit ist und sich die ganze Zeit über vor seinem Lehrer niederwirft und ihm die Füße küsst.

Chögyam Trungpa (1940 -1987)

30 Juli 2006

Je einfacher die Methode...

Die angemessene Haltung gegenüber der (Meditations-)Technik besteht darin, sie nicht als etwas Magisches, ein Wunderwerk oder irgendeine tiefgründige Zeremonie zu betrachten, sondern sie nur als einen einfachen, einen äußersteinfachen Vorgang zu erkennen.
Je einfacher die Methode, desto geringer die Gefahr von Abwegen, weil wir nicht alle möglichen faszinierenden und trügerischen Hoffnungen und Ängste hegen und pflegen.

Chögyam Trungpa (1940 -1987)

29 Juli 2006

Langeweile

Langeweile vegrößert die psychologische Differenziertheit der Übenden. Sie beginnen die Langeweile allmählich zu schätzen und entwickeln ihre geistige Differenziertheit weiter, bis die Langeweile zu einer kühlen Langeweile wird, wie ein Gebirgsfluss. Er fließt und fließt und fließt, planmäßig und ewig gleich bleibend, aber er ist sehr abkühlend, sehr erfrischend. Berge werden niemals müde, Berge zu sein, und Wasserfälle werden niemals müde, Wasserfälle zu sein. Aufgrund ihrer Geduld fangen wir an, sie zu schätzen.

Chögyam Trungpa (1940 -1987)

28 Juli 2006

Von Buddha-Natur nicht getrennt

Ein Schüler fragte Meister Tozan (807 - 869 u.Z.):
"Wie können wir heiß und kalt vermeiden?"

Wissen wollte er damit eigentlich:

Wie komme ich in die Stille, in die Mitte von allem? Er fragt aber zugleich nach einer Möglichkeit des Ausweichens, der Flucht, fragt eigentlich: Wie können wir der Dualität entfliehen?

Der Meister antwortet dem Schüler:
"Warum gehst du nicht irgendwohin, wo es weder heiß noch kalt ist?"

Worauf der Schüler nachfragt:
"Wo ist ein Ort, der weder heiß noch kalt ist?"

Und Tozan entgegnet:
"Wenn es kalt ist, sei vollständig kalt;
wenn es heiß ist, sei vollständig heiß!"

Pyar Troll sagt dazu: "Wenn wir versuchen, der Welt der Dualität zu entfliehen, befinden wir uns shcon wieder ganz in der Dualität. Wenn wir sagen: 'Ich will nur da sein, wo es warm und kalt nicht gibt, Geburt und Tod nicht gibt', stellen wir uns in Gegensatz zu Geburt und Tod, in Gegensatz zu warm und kalt, in Gegensatz zur ganzen Existenz, und wir vergessen, dass die gesamte Existenz mit Geburt und Tod, mit warm und kalt nicht von Buddhanatur getrennt ist."

In: Pyar Troll, Poesie der Stille - Tanz des Lebens. Anleitungen zum Da-Sein.
Kamphausen-Verlag, 2002, S. 94/95

27 Juli 2006

Lichtvollere Welt

Was, wenn ich zu der Auffassung gelangte, dass allein die Liebe heilt und all unsere vielen Ausbildungen vor allem dazu dienten, uns als Therapeuten fähiger zu machen, in dieser Liebe zu sein, so dass wir als Tropfen im Meer das Universums "nur" durch mehr Harmonie im ei­genen Inneren einen Teil der großen Aufgabe erfüllen, eine lichtvollere Welt zu schaffen?

Stefanie Gudermuth (*1946)

26 Juli 2006

Die Un-Bedingheit der Wirklichkeit

Wenn du in er Lage bist, dich zu entspannen - dich für eine Wolke öffnen, die du siehst, einen Regentropfen in seiner ganzen Wirklichkeit erfahren -, so kannst du die Unbedingtheit der Wirklichkeit direkt sehen: Sie ist in den Dingen, so wie sie sind, ganz einfach.
Wenn du die Dinge anschauen kannst, ohne zu sagen: "Dies ist für mich, das ist gegen mich", oder "Hiermit stimme ich überein, damit nicht", dann erfährst du den Seinszustand des kosmischen Spiegels, die Weisheit des kosmischen Spiegels.
Ob du eine Fliege vorbeisummen oder eine Schneeflocke fallen siehst, ob es Wellen im Wasser sind oder eine scharze Spinne - all das nimmst du einfach wahr, in vollkommener Aufnahmebereitschaft, ohne "Ja" und "Nein".

Chögyam Trungpa (1940 -1987)

25 Juli 2006

Vertrauen zur Welt

Wenn man Schritte unternimmt, um etwas zu erreichen, wird dieses Handeln zu einem Resultat führen - zu Mißerfolg oder Erfolg. Wenn man einen Pfeil abschießt, wird er das Ziel entweder treffen oder verfehlen. Vertrauen ist das Wissen, dass eine Botschaft zurückkommen wird.

Wenn du auf diese Botschaften, die Widerspiegelungen der phänomenalen Welt, vertraust, wird die Welt voll unerschöpflichem Reichtum sein. Du lebst in einer überreichen Welt, der nie die Botschaften ausgehen.
Probleme entstehen nur dann, wenn du eine Situation zu deinen Gunsten zu manipulieren oder sie zu ignorieren versuchst. Du brichst damit das Vertrauensverhältnis zur Welt, und das kann ihren Reichtum versiegen lassen.
Meist erhältst du zuvor jedoch eine Botschaft. Bist du überheblich, so drückt der Himmel dich zurück auf den Boden; bist du zu zaghaft, so richtet die Erde dich auf.

Chögyam Trungpa (1940 -1987)

24 Juli 2006

In jedem Augenblick vollkommen

Die Welt ist nicht unvollkommen, oder auf einem langsamen Weg zur Vollkommenheit begriffen: nein, sie ist in jedem Augenblick vollkommen.

Hermann Hesse (1877-1962)

23 Juli 2006

Freude finden

Seine Freude
in der Freude des andern
finden können,
das ist das
Geheimnis des Glücks

Georges Bernanos (1888-1948)

22 Juli 2006

21 Juli 2006

Rechte Anstrengungen

Ein Zen-Lehrer wurde von einem Schüler gefragt: "Macht Ihr ununterbrochen Anstrengungen, Euch in der Wahrheit zu üben?"
"Ja, das tue ich," antwortete der Lehrer.
"Wie übt ihr Euch selber?" hakte der Schüler nach.
Und der Lehrer antwortete: "Wenn ich hungrig bin, esse ich, wenn ich müde bin, schlafe ich."
Enttäuscht entgegnete der Schüler: "Das tut jeder. Kann man da von jedem sagen, dass er sich übt wie Ihr?"
"Nein!" wies ihn der Lehrer zurecht.
"Warum nicht?" fragte der Schüler darauf. Der Lehrer ergänzte:
"Weil die anderen, wenn sie essen, nicht essen, sondern über die verschiedensten anderen Dinge nachdenken und sich dadurch stören lassen; wenn sie schlafen, so schlafen sie nicht, sondern sie träumen von tausend und einem Ding. Darum sind sie nicht so wie ich und üben sich nicht in der rechten Anstrengung."

Zen-Anekdote

20 Juli 2006

Weit und offen

Chao-chu fragte seinen Lehrer Nan-tjüan: "Was ist der wahre Weg?"
Nan-tjüan erwiderte ihm: "Der alltägliche Weg ist der wahre Weg."
Chao-chou fragte weiter: "Kann man den Weg erlernen?"
Nan-tjüan antwortete ihm darauf: "Je mehr du lernst, desto weiter kommst du vom Weg ab."
Daraufhin fragte Chao-chou: "Wenn man dem Weg nicht durch Lernen näher kommen kann, wie kann man ihn erkennen?"
Nan-tjüan sprach dann: "Der Weg ist kein sichtbares Ding, er ist auch kein unsichtbares Ding. Er ist nichts Erkennbares und auch nichts Unerkennbares. Suche ihn nicht, lerne ihn nicht, nenne ihn nicht! Sei weit und offen wie der Himmel, und du bist auf dem Weg."

Zen-Tradition

19 Juli 2006

So schau

Willst Du wissen,
wer Du warst,
so schau,
wer Du bist.

Willst Du wissen,
wer Du sein wirst,
so schau,
was Du tust.

Gautama Buddha (ca. 563-483 v.u.Z.)

18 Juli 2006

Un-Sichtbar

Ohne Staub,
worin er aufleuchtet,
wäre der Sonnenstrahl nicht sichtbar.

Anonym

17 Juli 2006

Eine Perle

Jemand bewarf mich mit Steinen.
Ich hob sie auf.
Einer von ihnen war eine Perle.

Japanisches Gedicht

16 Juli 2006

In niemand anderem Rettung suchen

Seid euch selbst ein Licht, seid euch selbst eine Zuflucht. Nehmt nicht zu irgendetwas anderem Zuflucht. Haltet euch an die Wahrheit, die euch leuchtet. Nehmt zur Wahrheit Zuflucht. Sucht in niemand anderem eure Rettung als in euch selbst.

Diejenigen, die jetzt oder nach meinem Tod dem Licht in sich selbst folgen und in nichts Äußerem ihre Rettung suchen, sondern an der Wahrheit als ihrem Licht festhalten und zur Wahrheit ihre Zuflucht nehmen und die in niemand anderem Rettung suchen als in sich selbst: Sie sind es, die die höchste Höhe erreichen können.

Sätze aus dem Mahaparinibbhana-Sutta

08 Juli 2006

Aus-Zeit

Hallo,

die nächsten Posts gibt es ab dem 16. Juli.

Bis dahin eine gute Zeit - und die Chance, alte Posts nachzulesen.

07 Juli 2006

Echte Meditation

Echte Meditation ... beginnt zwar oft beim Körperbewusstsein, indem man sich z.B. auf den Atem oder physische Empfindungen konzentriert, aber sie geht bald zu einer Erkundung der geistigen Erfahrung und des Geistesstroms selbst über.

Ken Wilber (*1947)

06 Juli 2006

Form und Wert

Das Sichtbare bildet die Form eines Werkes,

Das Nicht-Sichtbare macht seinen Wert aus.

Lao Tse (zwischen 600 und 300 v. u.Z.)

05 Juli 2006

Immer gewusst

Ihr Ego ist in der Welt, aber die Welt ist in Ihrem Selbst. Bleiben Sie als Selbst hier und jetzt, und sehen Sie: In Ihrer Wahrnehmung ziehen Wolken vorbei, und das alles sind Sie. Die Sonne scheint in Ihrem Bewusstsein, und das alles sind Sie. Die Vögel fliegen durch Ihren weiten Geist, und das alles sind Sie. Sie - als das wirkliche Selbst - sind nicht im geringsten in der Welt, sondern die Welt fließt durch Sie, in Ihnen, und Sie heißen all das willkommen. In Ihrem Sein entsteht die Welt, und Sie sind voll Leidenschaft und Mitgefühl eins mit jedem ihrer Bewohner, sanft, in einer einzigen Geste, dieses eine Selbst, das nur Sie sind, zeitlos und ewig. Es ist immer so gewesen, und Sie haben es schon immer gewusst. Sie sind das Selbst, hier und jetzt, sind Zeuge, wie die Welt in Ihnen entsteht, strahlend bis in die Unendlichkeit. Das ist immer so gewesen, und Sie haben es immer gewusst. Es ist selbst jetzt so, und selbst jetzt ist es Ihnen bereits bewusst.

Ken Wilber (*1947)

04 Juli 2006

Reinstes Bewusstsein

Von Zeit zu Zeit verliert sich das "reine Bewusstsein", "Gott", "Brahman/Atman" wie zum Spaß - einfach damit sich etwas tut. Und zwar immer dann, wenn es - das reine Bewusstsein - lange genug ohne Spiel ist. Also nachdem es das Ziel der Evolution lange genug erlebt hat.

Ken Wilber (*1947)

03 Juli 2006

Wie Gold und Ring

Gott und Mensch verhalten sich zueinander wie Gold und Ring. Sie sind zwei ganz verschiedene Realitäten. Gold ist nicht Ring und Ring ist nicht Gold. Aber in einem goldenen Ring können sie nur zusammen auftreten. Sie sind koexistent. Das Gold braucht eine Form, um zu erscheinen, und der Ring braucht ein Material, um sichtbar zu werden. Sie sind Nicht-Zwei. Das Gold offenbart sich als Ring.
So offenbart sich Gott als Mensch. Sie können nur zusammen erscheinen. Das ist für mich der Sinn der Inkarnation Jesu. Es soll darin sichtbar gemacht werden, dass alles eine Inkarnation Gottes darstellt, von den Quarks und Leptonen bis hin zu den rein geistigen Formen, von denen wir keine Ahnung haben. Wir sind "Gottmenschen". Ich kann auch sagen: Gott hat sich als Mensch manifestiert.

Willigis Jäger (* 1925)

02 Juli 2006

Kommen und Gehen

Gott lässt sich nicht von der Evolution trennen. Gott ist Kommen und Gehen. Gott ist Geborenwerden und Sterben. Er ist der Tänzer, der die Evolution tanzt. Ein Tänzer ohne Tanz macht keinen Sinn - und einen Tanz ohne Tänzer kann man ebenso wenig denken. Auf diese Weise gehören Gott und Evolution zusammen. Das eine ist ohne das andere nicht denkbar.

Willigis Jäger (* 1925)

01 Juli 2006

Mystisch versunken

Der mystisch Versunkene hat eine unmittelbar wahre und unmittelbar echte Sprache. Es kann durchaus sein, dass in einer mystischen Versunkenheit, die an sich auf das Sprechen 'angelegt' war, überhaupt nicht gesprochen wird; sie bleibt auf diese Weise gemäß und unverfälscht, während das Gefüge der mystischen Versunkenheit sofort zerrisse, wenn das Ungemäße gesprochen würde.

Carl Albrecht (1902 - 1965)