03 Juni 2010

Juliana, Beginen und "Beginen"

Von der Begine Juliana von Lüttich oder Juliana von Cornillon, wird folgendes berichtet: "Eine ganz besondere Andacht hatte sie zum hochheiligen Altarssacramente. Wenn sie sich in die Unendlichkeit desselben vertiefte, konnte sie nicht begreifen, daß noch kein besonderes Fest zur Feier desselben in der Kirche angeordnet worden. Als sie 16 Jahre alt war, erschien ihr im Gebete einmal ein großes und wunderbares Zeichen. Sie sah nämlich den Mond im schönsten Glanze, in seiner Rundung aber hatte er einen Bruch. Sie konnte sich dieses sich sehr peinlich, daß, so oft sie von nun an dem Gebete oblag, immer und immer wieder dieses Zeichen vor ihren Blick trat, obwohl sie es mit aller Gewalt von sich zu entfernen suchte. Sie hielt es am Ende für eine Versuchung, und bat daher und ließ Andere beten, daß sie davon befreit werden möchte. Da aber dieses nicht gelang, bat sie den göttlichen Heiland inständig, Er möchte ihr, wenn dieses Gesicht etwas bedeute, die Erklärung desselben geben. Endlich auf ihr demüthiges Flehen offenbarte ihr Christus selbst: der Mond bedeute die gegenwärtige Kirche, der Bruch aber den Abgang eines Festes zu Ehren des Altarssacramentes, welches Er von den Gläubigen feiern lassen möchte etc. Zugleich gab Er ihr den Auftrag, daß sie diesen Seinen Willen der Welt verkündigen solle etc. ... Endlich nach 20 Jahren, da sie anstatt der im Jahre 1230 gestorbenen sel. Priorin Sapientia zur Priorin des Hauses von Mont-Cornillon erwählt worden, entdeckte sie die Offenbarung zuerst dem Johannes de Lausenna, Canonicus von St. Martin in Lüttich, hierauf dem dortigen Archidiakon Jakob von Troyes, dann auch dem Dominikaner-Provinzial Hugo de St. Caro, dem Bischof Guiardus von Cambrai und andern gelehrten Männern, welche das Unternehmen billigten. Doch gab es auch Andere, welche demselben entgegen waren und die sel. Juliana eine »Träumerin« nannten. Aber diese ließ sich in ihren Bemühungen nicht irre machen, und so kam endlich die Sache auch vor den Bischof Robert von Lüttich, der dann im Jahre 1246 die Abhaltung des Festes in seinem ganzen Bisthume anordnete, aber leider nicht lange mehr lebte. Bald darauf wurde Hugo zum Cardinalpriester und päpstlichen Legaten erhoben, und verschaffte durch seinen Eifer und sein Ansehen dem Feste noch in mehreren Bisthümern Eingang. Er war es auch, welcher dieses Fest zum Erstenmale in der Kirche von St. Martin in Lüttich mit großer Feierlichkeit beging, unter dem von ihm celebrirten Hochamte eine feurige Predigt über diesen Gegenstand vor einer großen Volksmenge hielt und dadurch auch die Domherren von Lüttich bewog, dieses Fest in ihrer Kathedralkirche zu feiern. Auch bestimmte er den Donnerstag nach der Octav von Pfingsten als den Tag der jährlichen Feier. Seine Predigt hat unter Anderem auch bewirkt, daß zwei Kanoniker von St. Martin dieser Kirche ihr Vermögen zu dem Zweck vermachten, daß von den Renten desselben die jährlichen Ausgaben für die Feier des Festes und dessen Octav bestritten werden konnten. Besonders günstig wurde aber dafür die Fügung Gottes, daß Jakob von Troyes im Jahre 1261 als Urban IV. den päpstlichen Stuhl bestieg, der dann mittelst Bulle vom Jahre 1264 das in seiner Heimath übliche Fest zu einem allgemeinen in der ganzen Kirche erhob." Soweit die Angaben in: Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 3. Augsburg 1869, S. 514-516.

Die vorreformatorische Bewegung der Beginen, die als Frauenbewegung und Sozialbewegung nicht ohne ihre Beginenmystik zu denken ist, hat bis zu ihrer endgültigen Zerschlagung Mitte des 19. Jahrhunderts stark von diesen eucharistischen Impulsen gelebt.  Mit ihrer Wiederbegründung ab 1985 sind diese Wurzeln partiell wieder aufgegriffen worden. "Dann haben wir ja wieder Diakoninnen" hat begeistert ein Domkapitular ausgerufen, als man ihm von der Neubegründung berichtete. Das wäre die eine Schiene der neuen Beginen. Wenn sie diesen Ansatz aufgreifen würde. Und dann gibt es die andere Schiene, deren kleinster gemeinsamer Nenner es ist, zusammen zu wohnen. Beide aber drohen zu verkürzen, was die Tradition insgesamt an reformatorischen Akzenten zu bieten hat.