13 Oktober 2008

Angst

Angst ist ein unablöslicher Teil des Kapitalismus. Es gibt kein Privateigentum, kein Konkurrenzdenken und kein Leistungsprinzip ohne Angst. Die Angst beseitigen hieße also den Kapitalismus beseitigen.
Durch Liberalisierungen im Erziehungs- und Ausbildungssystem könnten sicher einige angstauslösende Momente beseitigt werden, gemessen aber an dem, was an Angstursachen noch übrigbliebe, spielt eine solche Angstverringerung durch Reform keine große Rolle. Alle Reform kann nichts daran ändern, dass der Profit gemacht werden muss, dass die Herrschaftsverhältnisse gesichert bleiben müssen, dass die Untertanen spuren müssen, ohne viel zu überlegen. Die dazu notwendigen Druckmittel mögen noch so fein sein, sie stehen im Widerspruch zur Vorstellung einer wirklich freien Gesellschaft.

Dieter Duhm, Angst im Kapitalismus, 1972, S. 133